"Das Fest Maria Himmelfahrt wurde von den Gleiwitzern seit altesher
feierlich begangen. Nach dem Hochamt begann in der Stadt ein emsiges Leben
und Treiben. Auf dem Ringe standen zahllose Buden. Sie bargen alles, was
Herz eines Bürgers - des kleinen sowohl wie des großen - erfreuen konnte.
Nützliche Dinge für Haus und Hof, Spielzeug und Pfefferkuchen für die
Buben und Mädchen. Aus allen Dörfern der Umgebung kamen an diesem Tage die
Bewohner, die Edlen und Freisassen wie die Hörigen, um mit den Gleiwitzern
lustig und vergnügt zu sein. Manch harter Taler, der das ganze Jahr
sorgfältig behütet worden war, sprang an diesem Tage aus den Taschen und
landete unbesorgt und leichtsinnig in den großen Taschen der Krämer und
Kretschmer. Einmal im Jahr mußten alle Sorgen vergessen werden! Das galt
erst für das heurige Fest. Ein übermächtiger Gegner war aufs Haupt
geschlagen, die Stadt befreit worden. Die Bürgerschaft war vor Tod,
Verderben und Armut gerettet. Ursache genug, das schöne Fest nach
Väter Weise würdig zu begehen!"
"Die Gleiwitzer Bürger aber haben am sechzehnten August ihr Fest
gefeiert, wie noch nie zuvor. Bis spät in die Nacht hinein klang das
Singen und Jauchzen der Burschen und Mädschen durch die Stadt. Aber die
Gleiwitzer haben auch das Versprechen, das sie gemacht, eingelöst. Sie
sind Jahr für Jahr, bei Hitze und Regen, bei Wind und Kälte, zur heiligen
Gnadenstätte gepilgert. Dreihundertundvierzehn Jahre sind seit jenen
kriegerischen Tagen vergangen. Die Männer und Frauen, die dieses Gelöbnis
abgelegt haben, sind längst nicht mehr. Aber ihre Kinder und Kindeskinder
achten das Wort und Gelöbnis der Väter. Alljährlich zur Sommerzeit rüstet das
katolische Volk von Gleiwitz zur Gelöbniswallfahrt, pilgert zur heiligen
Gnadenstätte Oberschlesiens, zum St. Annaberg, um im Sinne der Väter dem
Herrgott zu danken, >>denn groß ist sein Erbarmen, und seine Barmherzigkeit
währet von Geschlecht zu Geschlecht..."