"Ungestüm drängten die Feinde in der Richtung zum Turm vor. An ihrer
Spitze war ein junger Lieutenant. Triumpf leuchtete aus seinen Augen!
Hier vor Gleiwitz würde er sich seine Sporen verdienen und Sieg und
Ruhm an seinen Namen knüpfen. Noch einige Schriette, und dann war der
Turm erreicht. Hier war die Stiege angebracht, die zum Ratiborer Tore
niederführte. Er würde mit seinen Leuten das Tor öffnen und die Stadt
wird seinem Feldherrn gehören. Da, plötzlich wurde sein Siegeslauf
gehemmt! Vor ihm stand der Stadthauptmann, Herr von Welczek, den Degen
in der Faust. Schon sauste derselbe durch die Luft. Der Mansfeldische
schien verloren zusein; allein gedankenschnell warf dieser die Faust,
die das Schwert führte, hoch und parierte leicht und elegant den
wuchtigen Schlag. An diesem Parieren merkte der Stadthauptmann, daß
er einem Meister der Fechtkunst vor sich hatte. Blitzschnell holte er
zum zweiten Hieb aus. Doch auch diesen parierte der Offizier leicht
und sicher. Der Kommandant wußte, daß es bei diesem Kampfe nicht nur
um sein Leben oder Sterben, sondern um die Stadt ging. Er verstand
etwas von der Fechtkunst. An den Höfen von Wien und Florenz hatte
er den größten Meistern gegenüberstanden und von ihnen gelernt. Wenn
nicht anders, dann mußte er den Gegnern mit einer Finte beikommen!
Unter anderen Umständen hätte er das sicher verschmächt, aber jetzt
war keine Zeit zu verlieren. Er sprang gleich nach dem zweiten Schlage
einige Schritte zurück, als wollte er sich dem Kampfe entziehen.
Was nun folgte, hatte er vorausgesehen und beabsichtigt. In vielen
Schaukämpfen hatte er diese Finte angewandt und erprobt. Wie fast alle
Gegner, fiel auch dieser darauf herein. Mit einem gewaltigen Satze sprang
der Lieutnant mit erhobenem Degen auf ihn zu. Ein solcher Sprung war gegen
alle Regeln der Fechtkunst und ein sicherer Hieb hierbei unmöglich. So auch
in diesem Falle. Noch während der Offizier auf ihn eindrang, stand der
Stadtkommandant schon wieder unbeweglich mit gespreitzten Füßen fest auf
dem Boden. Sein scharfes Auge hing am Gegner, und noch ehe der fest auf
seinenFüßen stand, fuhr die Klinge, von des Kommandanten sicherer Hand
geführt, durch die Luft. Ein klingender Ton, und in weitem Bogen flog der
Degendes Offiziers über die Mauer. Und ein zweites Mal blitzte die Klinge
auf! Und als sie sich niedersenkte, glitt der tapfere Gegner zur Erde. Der
Stadtkommandant hatte diesen zweiten Hieb nicht mit voller Wucht geführt.
Er hatte nicht die Absicht, seinen Gegner zu töten. Er wollte ihn nur
kampfunfähig machen. Mit einem leichten Hieb über den Kopf des Offiziers
hatte er dies erreicht."